Aufbewahrungspflicht fremdes Eigentum – Gläubigerverzug und Dereliktion

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Aufbewahrungspflicht fremdes Eigentum
Bei der Problematik von nicht abgeholten Sachen gilt folgende Grundregel:
Für den Besitzer besteht eine rechtliche Pflicht die Sache an die berechtigte Person zu übergeben und diese bis dahin sorgfältig aufzubewahren. Diese Pflicht ergibt sich meistens direkt aus einem Vertragsverhältnis (Werkvertrag, Kaufvertrag etc.) oder nach dem Grundsatz von Treu und Glauben als Nebenpflicht eine Vertragsverhältnisses (Bsp. Besucherin eines Restaurants lässt Tasche liegen). Diese Aufbewahrungspflicht wird vom Gesetz zeitlich nicht beschränkt.
Holt der Eigentümer trotz Aufforderung die Sache nicht ab, kommen die Bestimmungen des Gläubigerverzugs nach Art. 91 ff. OR zur Anwendung. Beim Gläubigerverzug kann sich der Schuldner mit verschiedenen Massnahmen von seiner vertraglichen Aufbewahrungspflicht befreien:
1. Er kann die Sache bei einer vom Gericht bestimmten Stelle oder (ohne richterliche Bestimmung) in einem Warenhaus auf Kosten des Gläubigers hinterlegen (Art. 92 Abs. 1 und 2 OR).
2. Er kann die Sache gemäss Art. 93 OR öffentlich verkaufen und den Erlös nach Abzug der eigenen Aufwendungen hinterlegen. (sog. Recht zum Selbsthilfe Verkauf). Hierfür ist eine richterliche Bewilligung notwendig. Dies ist vor allem für die Fälle vorgesehen, wo es sich abzeichnet, dass die Sache durch den Gläubiger auch in Zukunft nicht mehr abgeholt werden.
Ein Recht des Besitzers, die Sache nach einer ausreichen klaren Mahnung und Fristansetzung zu verwerten oder zu entsorgen, besteht gemäss Gesetz nicht. Kommt er seiner Aufbewahrungspflicht nicht nach, wird er Schadensersatzpflichtig (Art. 91 OR).

Eine Ausnahme stellt die Dereliktion nach Art. 729 ZGB dar. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass der Eigentümer einer beweglichen Sache seinen Besitz an der Sache aufgibt mit der Absicht, auf sein Eigentum zu verzichten, etwa indem die Sache bewusst liegen gelassen, weggeworfen oder zur Entsorgung bereitgestellt wird.
Grundsätzlich kann die erforderliche Willensäusserung des Eigentümers, auf sein Eigentum zu verzichten, auch durch konkludentes Verhalten erfolgen. Die Tatsache, dass ein Gegenstand bspw. nach einer Reparatur nicht (vereinbarungsgemäss) abgeholt wird, wird aber in den wenigsten Fällen als konkludente Eigentumsaufgabe verstanden werden können. Gemäss Lehre ist die Dereliktion dort anzunehmen, wo es an vertraglichen Pflichten fehlt und wo aufgrund der Umstände nach Treu und Glauben vom Willen des Eigentümers ausgegangen werden kann, dass dieser sein Eigentum an der Sache aufgibt. Beispiele sind in einer Wohngemeinschaft zurückgelassene alte Kleider oder nach einem Festival stehen gelassene Zelte.
In diesen Fällen wird die Sache herrenlos und durch den Besitzer erworben. Dieser kann die Sache danach auf Wunsch verwerten oder entsorgen.

Beim vorliegenden Fall könnte es sich um eine Dereliktion handeln. Das zurücklassen der ganzen Promotionsgegenstände in dem nichtzurückgebrachten Lieferwagen, kann als konkludente Aufgabe des Eigentums angesehen werden. Zudem ist hier das eigentliche Vertragsverhältnis (Gebrauch des Lieferwagens) bereits abgeschlossen und eine Aufbewahrungspflicht ergibt sich lediglich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben.
Um eine Schadensersatzpflicht zu vermeiden, sollte dem Eigentümer die beabsichtigte Entsorgung mitgeteilt und im Hinblick auf den Wert des Gegenstandes eine genügend lange Frist zur Abholung gesetzt werden.
Dieses Vorgehen sollte m.E. probiert werden. Die gesetzlichen Massnahmen kommen hier sicherlich nicht in Betracht. Wenn die Gegenstände zudem keinen grossen Wert haben, ist auch die Gefahr eines Schadensersatzanspruches nicht sehr hoch.

Klagebewilligung und Gerichtsferien

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Das BGer hat in BGE 138 III 615 entschieden, dass die Fristen für die Einreichung der Klage nach Eröffnung der Klagebewilligung während der Gerichtsferien stillstehen (Art. 209 Abs. 3 und 4 ZPO). Art. 145 ZPO ist anwendbar.

Berechnung des Unterhalts im Eheschutz bei guten finanziellen Verhältnissen

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In BGer 5A_463/2014 vom 8.12.2014 hat das Bundesgericht seine bisherige Praxis zur Berechnung des Unterhalts im Eheschutzverfahren bestätigt. Daraus lassen sich folgende zwei Schlussfolgerungen ziehen:

  • Zur Ermittlung des Einkommens von Selbständigerwerbenden ist auf die letzten drei Jahre abzustellen. Dabei geht es nicht zwingend um die letzten drei Jahre vor Gesuchseinreichung. Es kann auch die Zeit nach Gesuchseinreichung berücksichtigt werden.
  • Im Eheschutzverfahren besteht eine Pflicht zur Aufnahme oder zur Ausdehnung einer Erwerbstätigkeit nur dann, wenn während des gemeinsamen Haushalts keine Sparquote gebildet werden konnte und auch nicht vorübergehend auf anders Vermögen zurückgegriffen werden kann, wenn die vorhandenen Mittel – unter Rückgriff auf das Vermögen – trotz zumutbarer Einschränkung nicht ausreichen, um zwei Haushalte zu unterhalten. Im Übrigen muss die Aufnahme oder Ausdehnung der Erwerbstätigkeit aufgrund persönlicher Verhältnisse des betroffenen Ehegatten und des Arbeitsmarktes zumutbar sein. Die bundesgerichtliche Richtlinie besagt Folgendes: dem betreuenden Elternteil ist eine Erwerbstätigkeit von 50% ab dem 10. Altersjahr des jüngsten Kindes und eine solche von 100% ab dem 16. Altersjahr des jüngsten Kindes zumutbar.
  • Schliesslich sind die Zumutbarkeit und die Möglichkeit, ein Einkommen zu erzielen, zwei kumulative Voraussetzungen für die Anrechnung eines hypothetischen Einkommens.

Mietrecht: Anfechtung der Kündigung des Vermieters durch den Mieter bei gemeinsamer Miete (Mitmieter)

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In BGer 4A_201/2014 vom  2.12.2014 (Franz, zur Publikation vorgesehen) hat das Bundesgericht festgehalten, dass bei einer Mehrheit von Mietern jeder einzeln die Kündigung des Vermieters anfechten kann, allerdings auch solche Mitmieter als Beklagte ins Recht zu fassen hat, welche sich nicht gegen die Kündigung zur Wehr setzen wollen. More

Beweislage bei ärztlichen Behandlungsfehlern

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Aus iusfocus, Dez. 2014, Heft, 12, S. 17:

Der Kausalitätsbeweis bei ärztlichen Behandlungsfehlern hängt davon ab, ob ein Tun oder Unterlassen des fehlbaren Arztes vorliegt. Bei Unterlassungen hat der Geschädigte die hypothetische Kausalität mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen; beim aktiven Tun des Arztes muss der Beweis der natürlichen und adäquaten Kausalität durch den Geschädigten ­erbracht werden, dem Haftpflichtigen steht dann der (strikte) Entlastungsbeweis des rechtmässigen Alter­nativverhaltens offen. More

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